Versorgungsausgleich in der bAV: Aktuelle Entwicklungen, Hinweise und Unterstützung für Ihre Praxis
Zum Versorgungsausgleich in der betrieblichen Altersversorgung gibt es aktuelle Entwicklungen sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Gesetzgebung. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen für Sie als Arbeitgeber.
Wir informieren Sie ausführlich über die neuen Entwicklungen, geben Ihnen Hinweise für Ihre Praxis und erläutern, wie wir Sie in der Umsetzung unterstützen.
1. Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26.05.2020 (1 BvL 5/18)
Bei der Durchführung einer externen Teilung – die Teilung wird nicht bei dem Versorgungsträger durchgeführt bei dem die Versorgung bisher finanziert wurde – kann es infolge der Begründung eines Anrechtes bei einem anderen Versorgungsträger und der dort geltenden anderen Rechnungsgrundlagen zu Transferverlusten zulasten der ausgleichsberechtigten Person kommen. Dies kann verfassungswidrig sein. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dazu folgendes entschieden: Der Ausgleichswert bei einer externen Teilung ist durch das Gericht so festzulegen, dass die Grundrechte gewahrt bleiben. Die ausgleichsberechtigte Person darf keine unangemessene Verringerung ihrer Versorgungsleistungen gegenüber einer fiktiven internen Teilung erwarten. Ein Verlust von bis maximal 10% ist zumutbar und angemessen.
Ist die Abweichung größer als 10 % muss das Interesse des Versorgungsträgers an der externen Teilung zurücktreten. Der Ausgleichswert zu Lasten des Versorgungsträgers wird dann so festgelegt, dass der 10 %-Korridor in der Zielversorgung nicht überschritten wird.
Der Versorgungsträger kann dann alternativ die interne Teilung wählen.
In der Praxis:
Bislang ist unklar, ob die Familiengerichte die Berechnung einer fiktiven internen Teilung bereits mit dem ersten Schreiben zur Auskunft über Versorgungsanrechte anfordern. Unserer Ansicht nach sollte dieser Wert im Prozess vorliegen, damit sich die versorgungsausgleichsberechtigte Person im Leistungsfall nicht auf das Urteil des BVerfG beruft und z.B. einen schuldrechtlichen Ausgleich fordert. Letztendlich ist der Vergleich zwischen externer und interner Teilung im Rahmen des Versorgungsausgleichs, gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in jedem Fall zu führen.
Unser Service:
Wir stellen Ihnen– sofern Sie als Arbeitgeber Versorgungsträger (Direktzusage) sind – diese Berechnung auf Wunsch standardmäßig zur Verfügung. Für das Schreiben an das Familiengericht nehmen wir einen ergänzenden Hinweis mit Bezugnahme auf das Urteil des BVerfG auf.
Aufgabe des Familiengerichtes ist es, das fiktive Anrecht der internen Teilung mit dem Anrecht, bei einem externen Versorgungsträger zu vergleichen.
Eine schlechte Wahl der ausgleichsberechtigten Person bezüglich des externen Versorgungsträgers darf dabei nicht zulasten des Versorgungsträgers gehen. Dies wurde auch durch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht durch Beschluss vom 11.08.2020 (8 UF 87/19) bestätigt: Hier erfolgte keine Anpassung des Ausgleichswerts gem. der Entscheidung des BVerfG. Die Ausgleichsberechtigte hatte die Versorgungsausgleichskasse als Zielversorgungsträger gewählt, obwohl das Gericht sie darauf hingewiesen hatte, dass die Deutsche Rentenversicherung die günstigste Zielversorgung gewährleiste. Auf diesen Hinweis hatte die Ausgleichsberechtigte nicht reagiert. Wenn das Familiengericht eine Leistung des externen Versorgungsträgers außerhalb des 10% Korridors sieht, wird es sich möglicherweise auch an den Versorgungsträger wenden und zu dessen Lasten einen Vorschlag zur Erhöhung des Ausgleichswertes machen.
Unser Service:
Wir prüfen für Sie, ob das externe Anrecht nicht lediglich aufgrund schlechter Wahl des externen Versorgungsträgers zustande gekommen ist und durch die Wahl eines anderen Versorgungsträgers verbessert werden könnte. Wir unterstützen sowohl bei der Argumentation hinsichtlich einer ausreichenden Zielversorgung als auch in der Prüfung, ob im gegebenen Fall eine interne Teilung nicht sogar aufwandsärmer wäre als die vom Familiengericht zugelassene externe Teilung.
2. Gesetzesentwurf zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts vom 25.11.2020
Zukünftig soll der Versorgungsträger nur noch einseitig die externe Teilung verlangen können, wenn die Gesamtbetrachtung aller Anrechte des/der Ausgleichsverpflichteten ergibt, dass die Wertgrenzen gem. §§ 14, 17 VersAusglG nicht überschritten werden.
Außerdem soll der ausgleichsberechtigten Person ein Wahlrecht auf einen schuldrechtlichen Ausgleich eingeräumt werden, wenn die ausgleichsverpflichtete Person bereits eine laufende Versorgung bezieht.
Eine Anpassung des § 30 VersAusglG soll dem konkreten Schutzbedarf des Versorgungsträgers vor Mehrfachzahlung gerecht werden. Im Verfahrensrecht ist eine Vorverlegung der Antragsmöglichkeit für ein Abänderungsverfahren angestrebt.
Weitere Details zu diesen Änderungsvorhaben können Sie gerne bei uns erfragen.
3. Diskontierungszinssatz bei der Ermittlung des Kapitalwertes
Mit Beschluss vom 09.03.2016 (XII ZB 540/14) hat der Bundesgerichtshof beschlossen, dass im Rahmen der Ermittlung des Kapitalwertes nach § 45 Abs. 1 VersAusglG i.V. m. § 4 Abs. 5 BetrAVG die Abzinsung zum Ende der Ehezeit mit dem BilMoG-Zinssatz gem. § 253 Abs. 2 S. 1 HGB zu erfolgen habe. Dieser Beschluss findet oftmals in der Praxis und in bestehenden Versorgungsausgleichsrichtlinien keine Berücksichtigung.
Unser Service:
Wir unterstützen Sie bei der Überprüfung und gegebenenfalls der notwendigen Anpassung bestehender Regelungen Grundsätzlich empfehlen wir den Abschluss einer Versorgungsausgleichsrichtlinie, um die wesentlichen Inhalte bei einem Versorgungsausgleich festzuhalten und somit Rechtsicherheit zu schaffen. Gerne erstellen wir für Sie eine Versorgungsausgleichsrichtlinie.
Zum Themenkomplex „Versorgungsausgleich“ werden Sie von unserem Competence Center Mathematik und unserem Competence Center Recht unterstützt.