Hohe Inflation führt zu deutlichem Anstieg der Betriebsrenten – Lösungsansätze und Empfehlungen für Arbeitgeber
Die Ausgangslage
Laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind nach § 16 Abs. 1 des Betriebsrentengesetz (BetrAVG) alle drei Jahre auf eine Anpassung hin zu überprüfen. Hierdurch soll ein durch Inflation bedingter Kaufkraftverlust vermieden werden. Die Entscheidung hat nach billigem Ermessen zu erfolgen. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers einzubeziehen.
Die aktive Anpassungsüberprüfung betrifft hauptsächlich Betriebsrenten aus nicht versicherungsförmigen Durchführungswegen:
- Direktzusagen
- Unterstützungskassenzusagen.
Sofern bei einer Direktversicherung oder Pensionskasse sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden, entfällt die Anpassungsüberprüfungsplicht. Weiterhin kann sich der Arbeitgeber verpflichten, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens 1% anzupassen.
In allen übrigen Fällen orientiert sich die Anpassungsüberprüfung an der Inflation bzw. einer Lohnentwicklung. Die Anpassung gilt dann als erfüllt, wenn sie nicht geringer ausfällt als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland (VPI) oder der Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum.
Die Prüfung ist grundsätzlich alle drei Jahre individuell vorzunehmen, eine Bündelung der Anpassungsprüfung ist aber zulässig und bei großen Beständen auch zu empfehlen.
Zahlreiche Arbeitgeber haben sich für eine Bündelung der Anpassungsüberprüfung zum 1. Juli entschieden. Sofern zur Überprüfung der Anpassung die Inflation als Richtwert verwendet wird ist für die Anpassungsüberprüfung zum 1. Juli 2022 im Dreijahresrhythmus die Steigerung des VPI vom Juni 2019 bis zum Juni 2022 anzusetzen. Der VPI zum Juni 2022 wird erst Mitte Juli 2022 veröffentlicht, daher ist eine Schätzung des Anpassungsbedarfs auf Basis des (vorläufigen) VPI Stand Mai 2022 durchzuführen.
Die voraussichtliche Entwicklung des VPI von Juni 2019 bis Juni 2022 wird in einem Korridor von circa 11-12% liegen. Zum Vergleich: Der Anpassungsbedarf zur letzten Anpassung am 1. Juli 2021 betrug noch 4,90%. Die aktuelle Anpassung laufender Leistungen gemäß der VPI-Entwicklung wird sich damit gegenüber der letzten Anpassung mehr als verdoppeln.
Auswirkungen auf die Bilanz
Zum folgenden Bilanzstichtag erhöht sich der Verpflichtungsumfang für laufende Leistungen in gleicher Höhe. Durch die aktuell erhöhte Inflation ist zusätzlich auch eine Anhebung der Rententrends zur zukünftigen Erhöhung laufender Leistungen in der handelsrechtlichen Bewertung zu empfehlen. Sofern zum 31.12.2021 noch mit einem jährlichen Rententrend von 1,75% gerechnet wurde, ist aus unserer Sicht eine Anhebung zum 31.12.2022 auf 2,00% angemessen.
Ihre Möglichkeiten als Arbeitgeber
Für den Arbeitgeber stellt sich die Frage, ob Alternativen bestehen.
Zu prüfen ist, ob eine Regelung zur Begrenzung auf 1 % vorliegt bzw. ob die Aufnahme einer solchen Regelung möglich ist. Bei der Einführung der Regelung sind arbeitsrechtliche Restriktionen zu beachten.
Auch die Entwicklung der Nettolöhne als Vergleichsmaßstab kann zu einer Begrenzung der Anpassungsverpflichtung führen. In der Praxis führt die zugrunde zulegende vergleichbare Arbeitnehmergruppe häufiger zu Schwierigkeiten. Auf eine saubere Definition ist zu achten. Auch stellt sich die Frage wie der Zeitraum zu definieren ist, in dem der Vergleich zwischen dem VPI und der Nettolohnentwicklung stattfindet. Gilt der letzte Anpassungszeitraum oder der Zeitraum seit Rentenbeginn?
Da bei der Anpassungsentscheidung die Interessen der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers zu berücksichtigen sind, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit die Anpassung mit dem Argument der schlechten wirtschaftlichen Lage auszusetzen oder nur zum Teil vorzunehmen. Entscheidend ist, dass er die von der Rechtsprechung festgelegten Anforderungen erfüllt. Abgestellt wird auf die gesamte wirtschaftliche Situation des Unternehmens, wobei es letztlich darum geht, dass das Unternehmen durch die Anpassung nicht übermäßig belastet wird. Es handelt sich um eine Einzelfallbetrachtung. Der Arbeitgeber hat auf Basis des handelsbilanziellen Jahresabschlusses unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Kriterien im Wege einer Gesamtbetrachtung die schlechte wirtschaftliche Lage darzulegen.
Unser Service
Unsere Mitarbeiter aus dem Competence Center Mathematik unterstützen Sie gerne bei Fragen zur bilanziellen Auswirkung oder der Berechnung der Anpassungshöhe. Um die Möglichkeiten einer Anpassungsreduktion oder auch der risikoärmeren Gestaltung Ihrer Versorgungsordnung rechtlich auszuloten stehen Ihnen unsere Juristen aus dem Competence Center Recht gerne zur Verfügung.
Ihre bekannten Ansprechpartner oder die Kolleginnen und Kollegen unter der Rufnummer 06222 308-8212 stehen Ihnen bei Fragen gerne unterstützend zur Seite.