Benefit Zeitwertkonten bei Scheidung
Wichtige Aspekte zu Versorgungs- und Vermögensausgleich sowie Unterhalt
Für die Mitarbeitenden im Personalbereich werden die Rückfragen zu Scheidungsthemen bei Zeitwertkonten aufgrund der wachsenden Verbreitung in Benefits-Portfolios häufiger. Neben den emotionalen Belastungen gibt es zahlreiche rechtliche und finanzielle Fragen für alle Beteiligten zu klären. Besonders in Fällen, in denen Zeitwertkonten Teil der Vermögensplanung sind, stellen sich oft komplexe Fragen, die wir in einer Kurzfassung erklären.
Was sind Zeitwertkonten?
Zeitwertkonten bieten die Freiheit, Arbeitszeiten flexibel zu gestalten und finanzielle Vorteile daraus zu nutzen. Angespart werden kann Arbeitszeit oder Entgelt und das steuerfrei und ohne Sozialversicherungsabgaben. Dies kann später – je nach Ausgestaltung des Modells – in Form von Freizeit wie bspw. Sabbatical, Elternzeit, Pflegezeit, Weiterbildung, Vorruhestand, Altersteilzeit-Kombinationen oder einer Auszahlung genutzt werden.
Leider kann im Falle einer Ehescheidung das Guthaben auf einem Zeitwertkonto zu Streitpunkten führen, besonders wenn es um die Aufteilung von Vermögenswerten geht.
Arbeitszeitkonten (Gleitzeit- oder Mehrarbeitskonten) sind in der gesetzlichen Definition keine Zeitwertkonten, da in diesen weder Entgelte angespart noch Freistellungen von mehr als 3 Monaten möglich sind.
1. Versorgungsausgleich und Zeitwertkonten
Im Rahmen des Versorgungsausgleichs werden die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Zunächst könnte man daher auch annehmen, dass Zeitwertkonten als Altersversorgung gelten und somit in den Versorgungsausgleich einbezogen werden.
Mehrere Oberlandesgerichte haben dazu entschieden
Oberlandesgericht Koblenz (UF 562/Beschluss vom 29.11.2019): Das Gericht stellte klar, dass Zeitwertkonten nicht der Altersversorgung dienen und daher nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.
Oberlandesgericht München (UF 526/Beschluss vom 29.03.2017): Das Gericht entschied, dass ein Zeitwertkonto keine angemessene Versorgung im Sinne des Versorgungsausgleichsgesetzes darstellt, da es nicht der Absicherung gegen Alters- oder Invaliditätsrisiken dient.
Diese Entscheidungen verdeutlichen, dass Zeitwertkonten nicht als Altersvorsorgeinstrumente gelten und daher im Versorgungsausgleich im Regelfall unberücksichtigt bleiben.
2. Zugewinnausgleich und Zeitwertkonten
Bei einer Ehescheidung ist es entscheidend, den Vermögenszuwachs der Ehegatten während der Ehezeit gerecht aufzuteilen. Dies findet im häufig verbreiteten Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Rahmen des Zugewinnausgleichs statt. Zeitwertkonten können dabei eine Rolle spielen. Hier stellt sich die Frage, ob das Zeitwertkonto als Teil des aufzuteilenden Vermögens betrachtet wird.
In der Regel wird der Wert des Zeitwertkontos nicht direkt in den Zugewinnausgleich einbezogen, wenn das Konto hauptsächlich für zukünftige Freistellungen vorgesehen ist.
Wenn jedoch während der Ehe ein Guthaben angesammelt wurde, welches zum Zeitpunkt der Scheidung als finanzielle Mittel verfügbar ist, kann es als Vermögensbestandteil in den Ausgleich einfließen.
Gegen eine Einbeziehung in den Zugewinnausgleich spricht unter anderem ein Beschluss des Oberlandesgerichts Celle (UF 15/Beschluss vom 21.02.2014). Es handelt sich nach der Wertung des Gerichts nicht um Vermögen, das dem Zugewinnausgleich unterfällt, sondern um Arbeitsentgelt.
Ob Guthaben aus Zeitwertkonten im Rahmen der weniger verbreiteten Güterstände Gütertrennung bzw. Gütergemeinschaft aufzuteilen sind, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.
3. Ehegattenunterhalt und Zeitwertkonten
Bei einer Ehescheidung ist die Klärung des Ehegattenunterhalts oft ein zentraler Punkt. In Bezug auf Zeitwertkonten stellt sich oft die Frage, wie der Ansparprozess in der Vergangenheit und Zukunft behandelt wird.
Ansparungen zur Vermögensbildung können das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen nur dann mindern, wenn sie bereits während der Ehe die Lebensverhältnisse der Eheleute prägten und diese in gehobenen Einkommensverhältnissen lebten, die eine Nichtberücksichtigung erlauben (Oberlandesgericht Oldenburg, WF 143/03/Beschluss vom 27.11.2003).
Es ist aber aufgrund der Missbrauchsmöglichkeiten (z.B. Ansparprozesse vor der Ehescheidung zur bewussten Minderung des Ehegattenunterhalts) eine eher restriktive Handhabung durch die Gerichte zu erwarten.
4. Kindesunterhalt und Zeitwertkonten
Dient das Wertguthaben in erster Linie der flexiblen Gestaltung der Lebensarbeitszeit, liegt es nahe, es als Instrument der Vermögensbildung zu sehen. Vermögensbildende Maßnahmen können bei Ansprüchen auf Kindesunterhalt minderjähriger Kinder nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.
Fazit
Die aktuelle Rechtsprechung bei Scheidungsthemen mit Bezug auf vorhandene Zeitwertkonnten werden in Teilen höchstrichterlich entschieden. Während beim Versorgungsausgleich und beim Kindesunterhalt Rechtssicherheit besteht, sind die Themen Zugewinnausgleich und Ehegattenunterhalt nicht höchstrichterlich entschieden.
Eine genaue Prüfung der Zeitwertkonten sowie der damit verbundenen Ansprüche ist im Fall der Ehescheidung unerlässlich, um faire und rechtlich abgesicherte Lösungen zu finden. Besonders bei der Berechnung von Unterhalt, Versorgungs- und Zugewinnausgleich sollten alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden, um einen umfassenden und gerechten Ausgleich zu erzielen.
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